„Die Tugend der Barmherzigkeit betrifft besonders das Verhältnis der Menschen zueinander. Schon lange hat der Mensch für sie ein Ersatz gefunden: Das Mitleid als Produkt des an das Irdische gebundenen Verstandes, geboren aus Eitelkeit und Eigenliebe oder irdischer Berechnung. An erster Stelle steht meinstens der eingene Nutzen und Vorteil; der Grund, anderne wirklich zu helfen, fehlt fast immer.

Anders ist dagegen die Barmherzigkeit in ihrer Geistesgröße. Sie entsteht aus dem reinen geistigen Empfinden des Menschen, aus der Herzensfüte und nicht aus selbstsüchtigem Streben, wie es beim Mitleid der Fall ist. Sie hilft um des Helfens willen und denkt nicht an persönliche Vorteile, weil ihr Ziel geistiger Art ist.

Deshalb beachtet sie auch das Gesetz des Ausgleichs vom Geben und Nehmen. Das Geben, das aus Berechnung oder Eitelkeit erfolgt, verstößt genau so gegen dieses Gesetz wie das Nehmen, das seinen Ursprung in selbstverständlicher Erwartung, in einem Verlangen und Fordern oder in einem „Recht auf Hilfe“ hat.

Aber noch etwas ist der Barmherzlichkeit zu eingen: Die gerechte Strenge, die nur den geistigen Nutzen des anderen sieht, wozu auch das irdische und geistige Sichregen gehört; während das mitleidige Sichhelfenlassen vile angenehmer und bequemer ist, aber auch die gestige Trägheit fördert.“
Herbert Vollmann, Wissen für die Welt von morgen: Die Tugenden, Verlag der Stiftung Gralsbotschaft Stuttgart

„Barmherzigkeit ist leichter zu üben als Gerechtigkeit.“
Sully Prudhomme


„Allerbarmer“ (Ar-Rahman) ist einer der Namen Allahs und zusammen mit Allbarmherziger (Ar-Rahim) der häufigste im Koran vorkommende Name Gottes. Beide Namen stammen von der gleichen Wortwurzel ab und beschreiben die immerwährende Liebe Gottes, die dem Menschen zuteilwerden kann, wenn er sie annimmt. Eine Äußerung der Barmherzigkeit, das Geben von Almosen, ist die vierte der fünf Säulen des Islam und damit eine der Hauptanforderungen an die Gläubigen. In einem Hadith heißt es: „Diejenigen, die nicht barmherzig sind, werden keine Barmherzigkeit erlangen.“ Somit sind alle Gläubigen zur Barmherzigkeit verpflichtet. (Islam)

„Euer Herr hat sich zur Barmherzigkeit verpflichtet. Wenn (demnach) einer von euch in Unwissenheit Böses tut und dann später umkehrt und sich bessert (findet er Gnade). Gott ist barm­herzig und bereit zu vergeben“.
Koran.Sure 6,54 | Das Vieh

Tugenden.de und Tugenden.com

Gott, barmherzig und gnädig und geduldig
und von großer Gnade und Treue!
2. Buch Mose, 34,6

Handlungen der Barmherzigkeit:

– die Hungrigen speisen
– den Dürstenden zu trinken geben
– die Nackten bekleiden
– die Fremden aufnehmen/ beherbergen
– die Kranken besuchen
– die Gefangenen besuchen oder vom Feind loskaufen
– die Toten bestatten.

Weitere gute Werke der Barmherzigkeit:

– die Unwissenden lehren
– den Zweifelnden recht raten
– die Betrübten und Trauernden trösten
– die Sünder zurechtweisen
– die Lästigen geduldig ertragen
– den Beleidigern gern verzeihen
– für die Lebenden und die Toten beten.

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